Das Pareto-Prinzip, auch als 20-80-Regel bekannt, bezieht sich auf eine statistische Regelmäßigkeit, die in zahlreichen Bereichen beobachtet wird. Danach werden 80% des Gesamtwerts durch 20% der wichtigsten Posten erzielt. Die Beschaffungsfunktion hat sich dieses Prinzip zu eigen gemacht, um ihre Einkäufe nach drei Kategorien (A, B und C) zu ordnen und die damit verbundene Strategie zu optimieren. Dennoch sollte man sich nicht ausschließlich darauf verlassen und auch andere Parameter berücksichtigen.
Ursprünge und Definition des Pareto-Prinzips
Im 19. Jahrhundert führte der italienische Ökonom und Soziologe Vilfredo Pareto eine statistische Studie über die Vermögensverteilung in Italien durch. Dabei stellte er fest, dass sich im Durchschnitt 80% des Vermögens eines Landes im Besitz von 20% der Bevölkerung befanden. Fasziniert von dieser Beobachtung, wandelte er dieses Gesetz der Einkommensverteilung anschließend in eine mathematische Formel um.
Einige Jahrzehnte später prägte Joseph M. Juran den Begriff „Pareto-Prinzip“, um zu verdeutlichen, dass etwa 80% des Gesamtwerts durch 20% der wichtigsten Posten erzielt werden. Es stellte sich heraus, dass diese statistische Regelmäßigkeit in verschiedenen Bereichen zu beobachten ist, unter anderem auch im Unternehmen.
Es wird beispielsweise angenommen, dass:
80% des Umsatzes eines Unternehmens von 20% seiner Kunden erwirtschaftet werden;
80% der Steuereinnahmen von 20% der Steuerpflichtigen stammen;
80% der Lagerfläche von 20% der Produkte belegt werden;
80% der Reklamationen von 20% der Kunden ausgehen.
Dieses Instrument verdeutlicht also, wie wichtig es ist, seine Ressourcen zu optimieren, um den höchsten Ertrag zu erzielen. Mit anderen Worten: Wir müssen uns auf die 20% konzentrieren, um 80% der Ergebnisse zu erzielen. Im Beschaffungswesen führt dies zu Überlegungen, wie man die Einkaufskategorien und die damit verbundenen Kosten optimieren kann.
Einkäufe der Klasse A, B und C
Die Beschaffungsfunktion verwendet eine auf dem Pareto-Prinzip basierende Klassifizierungsmethode, um ihre Einkäufe zu priorisieren, die sogenannte „ABC-Methode“.
Es gibt drei verschiedene Kategorien:
Einkäufe der Kategorie A machen 80% der Gesamtausgaben der Unternehmen und 20% aller Einkaufskategorien aus;
Einkäufe der Kategorie B machen 15% der Unternehmensausgaben und 30% der Einkaufskategorien aus;
Einkäufe der Kategorie C machen 5% der Ausgaben und 50% der Einkaufskategorien aus.
Nach dem Pareto-Prinzip konzentrierte sich die Beschaffungsfunktion auf die Kontrolle der Einkäufe, die einen erheblichen Einfluss auf dem Gesamtwert haben, d.h. auf die Einkäufe der Kategorie A bzw. der Kategorie B.
So wurden die scheinbar wenig strategischen Einkäufe der Kategorie C von den Einkäufern lange Zeit vernachlässigt. Die Realität sieht jedoch vielerorts anders aus: Obwohl sie nur 5% des Gesamtbetrags der Einkäufe ausmachen, sind sie für den Großteil der indirekten Kosten verantwortlich (Lieferantenmanagement, Auftragsvergabe, Kosten für Minderqualität, ungeregelte Einkäufe usw.). Die Beschaffungsabteilungen müssen diese Einkaufskategorie daher unter dem Blickwinkel der Gesamtbetriebskosten (Total Cost of Acquisition, TCO) angehen.
Daher ist die Optimierung der Einkäufe der Kategorie C heute ein Mittel, welches Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschafft bzw. sogar auf einen gewissen Reifegrad innerhalb ihrer Beschaffungsabteilungen hinweist.
Wie wendet man das Pareto-Prinzip im Einkauf an?
Die Anwendung des Pareto-Prinzips in der Beschaffungsstrategie eines Unternehmens erfordert eine echte Projektleitung, indem man einem mehrstufigen Denkansatz folgt.
Eine Datenbank erstellen
Für die Entscheidungsfindung im Einkauf ist eine genaue Bestandsaufnahme des Einkaufsportfolios unerlässlich. Diese Datenbank muss anhand mehrerer Parameter exakt eingerichtet werden.
In einer Tabelle werden die folgenden Daten über ein Jahr hinweg angegeben:
Artikelnummer;
Produktfamilie;
Unterfamilie;
Anbieter;
Umsatz (in absteigender Reihenfolge);
Volumen;
Anteil am Gesamtumsatz;
Kumulativer Prozentsatz des Umsatzes.
Mithilfe einer solchen Diagnose kann man dann seine ABC-Klassifizierung vornehmen. Wenn der kumulierte Umsatz mehr als 95% beträgt, handelt es sich um Einkäufe der Kategorie C, beträgt er mehr als 80%, handelt es sich um die Kategorie B, ansonsten um Kategorie A. Um die Gesamtsituation gut zu erfassen, kann man zusätzlich ein Diagramm erstellen, welches gemeinhin als „Pareto-Diagramm“ bezeichnet wird.
Hervorzuheben ist, dass es heute automatisierte Managementsysteme gibt, mit denen diese Einstellungen relativ einfach vorgenommen werden können, und die damit die digitale Transformation der Beschaffungsabteilungen einleiten.
Alle Parameter berücksichtigen
Anschließend sollte man sich das erhaltene Mapping genauer ansehen, um die Aufgaben zu priorisieren. Bei der Datenanalyse müssen die Herausforderungen des Unternehmens sowie die Marktanforderungen berücksichtigt werden, um die Einkaufsstrategie zu entwickeln.
Je nach Art der Aktivität des Unternehmens muss seine Einkaufsabteilung zusätzliche Parameter (Preise, Lieferfristen usw.) einbeziehen, welche darüber entscheiden, wie viel Aufmerksamkeit bestimmten Anbietern im Vergleich zu anderen geschenkt werden sollte. Ganz oben auf der Liste sollte natürlich die Ermittlung „zentraler“ oder „kritischer“ Elemente stehen, welche für den Produktionsprozess unerlässlich sind, selbst wenn ihr Volumen im Vergleich zum Einkaufsbuch geringfügig ist.
Außerdem ist es wichtig, die Situation jedes einzelnen Anbieters zu berücksichtigen: geografische Abgelegenheit, geopolitische Risiken für die Beschaffung, die sich daraus ergeben können, das Risiko von Cyberangriffen im Bereich der Lieferkette, eine mögliche Monopolstellung bzw. umgekehrt ein starker Wettbewerb auf dem Markt, der sich nicht in gleicher Weise auf die Reaktionszeit in der Produktion auswirkt.
Die ABC-Klassifizierung darf also nicht von der Sicherung der Lieferkette ablenken, die nach wie von grundlegender Bedeutung ist.
Die einzelnen Rollen festlegen
Um maximale Effizienz zu gewährleisten, muss die Anwendung des Pareto-Prinzips innerhalb der Teams gut flankiert werden. So muss die Anzahl der Personen, die Zugriff auf die Datenbank haben, begrenzt werden, um eine Streuung zu vermeiden, wodurch die Nutzung der Datenbank wirkungslos wäre.
Jeder Bereich dieser Datenbank muss zudem genau definierten Rollen in den Abteilungen Einkauf, Beschaffung, Finanzen und Controlling entsprechen. Von Anfang an klar festgelegte Regeln ermöglichen eine bessere Koordination zwischen den Abteilungen und verhindern potenzielle Missverständnisse, die sich nachteilig auf Kosten, Verhandlungsmacht oder sogar Lieferzeiten auswirken.
Die Berücksichtigung all dieser Elemente rückt diese Klassifizierung (A, B und C) in den Vordergrund und ist für die Beschaffungsabteilung eine wertvolle Entscheidungshilfe bei der Optimierung der einzelnen Kategorien.
Die Anwendung des Pareto-Prinzips ermöglicht es den Beschaffungsabteilungen somit, ihre Ressourcen zu optimieren und ihre Effizienz insgesamt zu verbessern. Mithilfe der ABC-Klassifizierung können die Strategie und die Hebel zur Optimierung entsprechend der jeweiligen Kategorie angepasst werden. Schließlich kann die Kraljic-Matrix, ein weiteres wichtiges Analyse- und Managementinstrument für die Beschaffungsfunktion, diese Klassifizierung ergänzen, um die Strategie im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung zu verfeinern.
Für weitere Informationen zum Thema, laden Sie unser Whitepaper „Einkäufe der Kategorie C: 6 Hebel zur Optimierung Ihrer Strategie“ herunter.