Produktionseinkäufe, die den größten Teil der Ausgaben ausmachen, sind in der Regel europaweit oder sogar weltweit zentral organisiert. Das betrifft normalerweise Werkstoffe oder Produktionsmittel. Viele große und mittlere Unternehmen haben allerdings noch keine zentrale Strategie zur Rationalisierung ihres indirekten Einkaufs entwickelt. Und das nicht ohne Grund, denn diese Einkaufskategorie, die (zu Unrecht) als nicht strategisch gilt, wird im Allgemeinen weniger strukturiert verwaltet. Dabei ist das ein recht einfaches Unterfangen und kann erhebliche Ersparnisse bringen.
Standardisierung von Materialien und Abläufen
Lange Zeit wurden die Beschaffungsmaterialien des indirekten Einkaufs vor Ort gekauft. Mit dieser dezentralen Strategie war es allen Werken möglich, die von ihnen jeweils benötigten Materialien bei den Händlern ihrer Wahl und nach ihren eigenen Verfahrensweisen einzukaufen.
In den letzten zwanzig Jahren wurden die betreffenden Materialien auf Betreiben der großen Hersteller und Händler standardisiert. In vielen Materialfamilien des indirekten Einkaufs lässt sich ein europäisches Kernsortiment erstellen, welches jeweils 80% der Artikel einer Materialfamilie umfasst. Ein Unternehmen kann heute also durchaus auf der Grundlage eines gemeinsamen Angebots Einkäufe für alle seine europäischen Werke tätigen.
Mit der Standardisierung der Materialien ging auch eine Konsolidierung der Wirtschaftsteilnehmer einher. Der Markt für Bürobedarf hatte eine Vorreiterrolle auf diesem Gebiet. Es gibt jetzt europaweite Händler für Industriebedarf, allgemeine Dienstleistungen und Verpackungen. Sie können ihre Kunden in den meisten Ländern betreuen, da sie in der Regel eine Community für die Unterzeichnung europaweiter Rahmenvereinbarungen eingerichtet haben. Sie verfügen über ein gemeinsames Angebot und mehrere Logistikzentren, mit denen ein großes Gebiet abgedeckt werden kann.
Vorteile einer europaweiten Rahmenvereinbarung
Eine solche Vereinbarung hat zwei wesentliche Vorteile, nämlich geringere Kosten und eine höhere Gesamteffizienz.
Senkung der Kosten
Bei einer Rahmenvereinbarung ist es eines der Hauptziele der Unternehmen, ihre Einkaufsprozesse zu rationalisieren und Mengenrabatte auszuhandeln, sodass erhebliche Einsparungen erzielt werden. Denn größere Produktionsmengen führen zu niedrigeren Stückpreisen. Unsere Erfahrung zeigt, dass die Einkaufskosten bei den Unternehmen, die eine europaweite Strategie für ihren indirekten Einkauf entwickelt haben, um rund 30% sinken. Die Sache lohnt sich also!
Höhere Gesamteffizienz
Durch ein gemeinsames Beschaffungsverfahren mit der Einkaufsabteilung kann der Verwaltungsaufwand an den Standorten eines Unternehmens insgesamt verringert werden. Das bedeutet eine erhebliche Zeit- und Geldersparnis, zumal durch derartige Verträge die Entwicklung von Lösungen für eine elektronische Beschaffung (Digitalisierung des Beschaffungsprozesses) bzw. von Beschaffungssoftware der neuen Generation im Unternehmen vorangetrieben wird, die außerdem Grundlage für Produktivität und Qualität sind. Ein solches Vorgehen ist in Bezug auf indirekte Einkäufe besonders sinnvoll, da die Prozesse bei diesen Einkäufen selten optimiert werden und die verdeckten Kosten unweigerlich die Gesamtbetriebskosten (TCO) aufblähen.
Die Einführung oder auch Schlüsselmoment der Rahmenvereinbarung
Der Erfolg der europaweiten Rahmenvereinbarungen beruht, wie alle Rationalisierungsmaßnahmen bei Lieferanten, darauf, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Vorschriften und Anreizen für gute Beschaffungsverfahren bei internen Auftraggebern zu schaffen. Die schwierigste Phase beginnt tatsächlich nach den Verhandlungen, mit der Unterzeichnung des Vertrags, in der anschließenden Einführungsphase.
Sämtliche Werke müssen davon überzeugt werden, nicht länger bei ihren örtlichen Lieferanten zu bestellen, sondern sich an die Händler für indirekte Einkäufe zu wenden, die von dem zentralen Gremium ausgewiesen wurden. Mitunter kann der ausgehandelte Rabatt geringer ausfallen als der von einem örtlichen Lieferanten gewährte Rabatt. In solchen Fällen ist es nötig, Aufklärungs- und Kommunikationsarbeit zum Thema Vollkosten zu betreiben. Ohne eine solche praxisnahe Begleitung besteht die Gefahr, dass die ungeregelten Einkäufe überhandnehmen, wodurch zwangsläufig die Gesamtkosten der Beschaffung der betreffenden Materialien und Dienstleistungen steigen und der Beschaffungsprozess verlangsamt wird.
Definition der ungeregelten Einkäufe
Ungeregelte Einkäufe sind Einkäufe von Waren und/oder Dienstleistungen, die nicht nach dem in der Einkaufspolitik festgelegten Beschaffungsprozess getätigt werden. Oft erfolgen sie spontan, wenn Unternehmen bestimmte Materialien oder Dienstleistungen benötigen, um auf konkrete Ereignisse zu reagieren. Da sie mit erheblichen verdeckten Kosten verbunden sind, halten es mehr als drei Viertel der Unternehmen für vorrangig, die ungeregelten Einkäufe zu reduzieren (Quelle: Basware & The Hackett Group, Perception vs Reality: A Report on Maverick Spend, 2018).
Eine erfolgreiche Strategie, die digitale und analoge Kanäle verbindet
Die Einführung der Rahmenvereinbarungen ist eine gewaltige Aufgabe, die über zwei Ansätze angegangen werden sollte.
Digitale Hilfsmittel
Unternehmen, die eine europaweite Rahmenvereinbarung nutzen wollen, sollten auf jeden Fall ein gemeinsames Werkzeug für die Beschaffung nutzen. Ganz gleich, ob es sich um die Website des jeweiligen Lieferanten oder um eine Lösung der elektronischen Beschaffung handelt, es muss für alle Nutzer zum Referenzkanal werden. Das macht die Beschaffungsprozesse flüssiger und schneller, und gleichzeitig können die Einkaufsabteilungen die Ausgaben überwachen. So können sie prüfen, ob die betreffende Rahmenvereinbarung richtig umgesetzt wird und erforderlichenfalls Korrekturmaßnahmen einleiten.
Analoger Ansatz
Für das Unternehmen ist es außerdem von Vorteil, dass es sich auf die Einsatzkapazitäten des Lieferanten stützen kann, also auf dessen Mitarbeiter, d.h. die Verkaufskräfte vor Ort, die Innendienstmitarbeiter oder auch die Vertriebsabteilung.
Ihre Arbeit besteht darin, bei den Nutzern für die Vereinbarung zu werben, indem sie ihnen die vereinbarten Vertragsbedingungen (Einzelheiten des Angebots, Rabatte, Lieferfristen usw.) und die damit verbundenen Vorteile erläutern. Dies kann u.a. im Rahmen von Werksbesuchen oder Telefon- und E-Mail-Kampagnen geschehen. Die Teams können außerdem für ein regelmäßiges Reporting (Weitergabe von Daten) in den Einkaufsabteilungen sorgen, um die allgemeine Funktionstüchtigkeit zu überwachen.
Eine europaweite Strategie für indirekte Einkäufe ist ein wichtiges Optimierungsinstrument für die Einkaufsabteilung, das eine bessere Überwachung ihres Lieferantenportfolios sowie eine Kontrolle der Preisgestaltung und der vereinbarten Dienstleistungen gewährleistet. Nachdem sie ein entsprechendes Verfahren eingeführt haben, können die Einkaufsabteilungen an der Optimierung der indirekten Einkäufe arbeiten.
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