Was bedeutet doppelte Wesentlichkeit und welche Rolle spielt sie in der CSRD?

Nachhaltige Arbeitsplätze und Unternehmen
Erfahren Sie alles Wichtige über die doppelte Wesentlichkeitsanalyse und Ihre Pflichten gemäß CSRD und gestalten Sie Ihr Unternehmen noch nachhaltiger!

Die am 1. Januar 2024 in Kraft getretene CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) hat die Veröffentlichungsmodalitäten für Informationen über Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) zweifellos verändert. Die EU-Richtlinie hat insbesondere einen innovativen Ansatz zur Bewertung von Auswirkungen eingeführt: die doppelte Wesentlichkeit. Für große Unternehmen, die intensiv an der Umstellung auf ökologischere Arbeitsweisen und der Umsetzung der neuen Vorschriften arbeiten, ist eine eingehende Kenntnis dieses Schlüsselkonzepts von entscheidender Bedeutung.

Wesentlichkeit: ein Finanzkonzept

Ursprünglich wird Wesentlichkeit in den US-amerikanischen Rechnungslegungsgrundsätzen (US Generally Accepted Accounting Principles) definiert als „ein Rechnungslegungsgrundsatz, nach dem alle Sachverhalte, die nach allgemeinem Ermessen die Entscheidungsfindung von Investoren beeinflussen können, im Jahresabschluss eines Unternehmens detailliert erfasst oder dargestellt werden müssen“.

Mit anderen Worten: Die Wesentlichkeit zielt auf die Identifizierung von Rechnungslegungsinformationen ab, die sich auf die finanzielle Leistung eines Unternehmens auswirken könnten. Eine Information wird wesentlich, wenn sie einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, ab dem sich Auswirkungen auf die Entscheidungen von Investoren ergeben können. Dies bedeutet für Unternehmen, dass sie über jene Sachverhalte Bericht erstatten müssen, die für ihre Geschäftstätigkeit am relevantesten sind, d.h. über Themen, die als wesentlich identifiziert wurden.

Die Akteure der nachhaltigen Entwicklung haben sich dieses Schlüsselkonzept nach und nach zu eigen gemacht, insbesondere durch die Global Reporting Initiative (GRI). Unternehmen nutzen eine sog. Wesentlichkeitsmatrix, um die relevanten Themen im Rahmen ihrer CSR-Strategie (Corporate Social Responsibility) zu identifizieren und zu priorisieren.

Was ist doppelte Wesentlichkeit?

Als wesentliches Konzept im Bereich der Nachhaltigkeit und der Unternehmensverantwortung ist die doppelte Wesentlichkeit heute für Unternehmen unumgänglich. Aber was versteht man darunter genau?

Definition

Die doppelte Wesentlichkeit (manchmal auch „doppelte Materialität“ genannt) verfolgt das gleiche Ziel wie das Ursprungskonzept: die Identifizierung der relevanten Themen eines Unternehmens, welches die Entscheidungen der Finanzakteure beeinflussen können.

Sie berücksichtigt jedoch noch eine weitere Dimension. Die Berichterstattung, die sich bisher lediglich auf die finanzielle Leistung bezog, umfasst nun unter Anwendung der doppelten Wesentlichkeit auch soziale und ökologische Themen. Dies ermöglicht eine umfassende Bewertung der Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen.

Unternehmen müssen in ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung zwei verschiedene Perspektiven berücksichtigen, die miteinander in Wechselwirkung stehen: die finanzielle Wesentlichkeit und die Wesentlichkeit der Auswirkungen.

Finanzielle Wesentlichkeit

Die finanzielle Wesentlichkeit bezieht sich auf die Auswirkungen der Umwelt auf das Unternehmen (outside-in). Es kann sich dabei um Risiken oder Chancen handeln, die sich auf die finanzielle Leistung des Unternehmens auswirken. Mit anderen Worten: Diese Perspektive untersucht, welchen Einfluss ökologische und soziale Themen auf die finanzielle Leistung des Unternehmens haben.

Wesentlichkeit der Auswirkungen

Die Wesentlichkeit der Auswirkungen (nichtfinanzielle sozio-ökologische Berichterstattung) bezieht sich auf die Auswirkungen des Unternehmens auf die Umwelt (inside-out). Bei dieser Perspektive geht es also um die negativen und/oder positiven Auswirkungen der Aktivitäten eines Unternehmens auf seine wirtschaftliche, soziale und natürliche Umwelt.


Beispiel:

Eine wirtschaftliche Aktivität erzeugt Treibhausgasemissionen und trägt dadurch zum Klimawandel bei. Auf lange Sicht wird dies zu weiteren Ungleichgewichten wie Überschwemmungen, Dürren, Hitzewellen usw. führen. All diese Ereignisse können finanzielle Folgen für das Unternehmen haben, zum Beispiel Rohstoffmangel oder Störungen in der Lieferkette. Dies verdeutlicht die Verbindung zwischen der Wesentlichkeit der Auswirkungen und der finanziellen Wesentlichkeit.


Die Herausforderung besteht darin, die für das Unternehmen relevanten Themen zu identifizieren, ihre Wesentlichkeit zu bewerten und sie schließlich zu priorisieren. Themen, die für alle Stakeholder als wichtig identifiziert werden, sollten dann vorrangig angegangen werden.

CSRD: Rahmen für die doppelte Wesentlichkeitsanalyse

Früher konnten Unternehmen relativ frei entscheiden, welche Informationen sie offenlegen und welche Methode sie bei der Berichterstattung anwenden. Die CSRD zielt nun darauf ab, einen besseren Rahmen für die nichtfinanzielle Berichterstattung von Unternehmen zu schaffen, indem sie einen spezifischen Regulierungsrahmen für die Durchführung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse festlegt.

Nachhaltigkeitsstandards (ESRS)

Bei der Durchführung ihrer doppelten Wesentlichkeitsanalyse stützen sich Unternehmen auf die sogenannten ESRS (European Sustainability Reporting Standards). Darin ist festgelegt, welche Informationen die Unternehmen bereitstellen müssen. Die ESRS sind in Themen und Unterthemen gegliedert, die Klimawandel, Umweltverschmutzung, Personalwesen, Endverbraucher, Unternehmensführung usw. abdecken. Dies hilft den Unternehmen dabei, relevante Themen zu identifizieren, den Umfang ihrer Analyse zu bestimmen und sich klare Ziele zu setzen, die sie erreichen wollen.

Einbeziehung der Stakeholder

Unternehmen müssen die internen und externen Stakeholder identifizieren, die von ihren geschäftlichen Tätigkeiten betroffen sind. Interessant ist es auch, sich im Rahmen von Gruppenworkshops, Einzelgesprächen oder mithilfe von Fragebögen Feedback von diesen Stakeholdern einzuholen. Dies ist gemäß CSRD zwar keine Pflicht, wird aber dennoch empfohlen. Dabei kann es sich um Stakeholder handeln, die von den Aktivitäten des Unternehmens betroffen sind, potenziell betroffen sind und/oder über die Auswirkungen der Aktivitäten des Unternehmens berichten können.

Wahl des Formats

Es steht den Unternehmen frei, die Ergebnisse ihrer doppelten Wesentlichkeitsanalyse in jeder beliebigen Form darzustellen. Besonders häufig wird jedoch auf die Darstellung in einer doppelten Wesentlichkeitsmatrix zurückgegriffen, bei der die finanzielle Wesentlichkeit auf der x-Achse und die Wesentlichkeit der Auswirkungen auf der y-Achse steht.

Im Rahmen der CSRD muss somit jedes Unternehmen seine eigene doppelte Wesentlichkeitsanalyse durchführen, indem es die genannten Hauptprinzipien anwendet und diese jeweils an die eigene Unternehmensrealität anpasst, also an die jeweilige Branche und Größe sowie an das eigene Geschäftsmodell.


Aktueller Stand zum Thema CSRD

In der neuesten Studie zum Thema CSRD von Baker Tilly, einem Netzwerk für Steuer- und Unternehmensberatung, nennen die von der EU-Richtlinie betroffenen Organisationen die doppelte Wesentlichkeitsanalyse als ihre größte Herausforderung.

Hier einige Details und Zahlen:

  • 16 % der Unternehmen haben bereits eine doppelte Wesentlichkeitsanalyse durchgeführt;

  • 31 % der Befragten geben an, noch nie eine Analyse ihrer CSR-Risiken durchgeführt zu haben;

  • 56 % geben an, ihre Stakeholder noch nie in die Bewertung der Wesentlichkeit von ESG-Themen einbezogen zu haben.


Im Rahmen der CSRD wird die doppelte Wesentlichkeit nun zum Eckpfeiler der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Dadurch soll diese ebenso robust und anspruchsvoll wie die Finanzberichterstattung werden. Die Herausforderung besteht darin, diese Analyse effizient und konform durchzuführen und sie zudem als Grundlage für die strategischen Entscheidungen des Unternehmens zu nutzen.

Dies ebnet den Weg für eine Strategie der Berichterstattung, die auf die Unternehmen und die Herausforderungen von morgen zugeschnitten ist. Auf diese Weise können Organisationen die wachsenden Erwartungen der Regulierungsbehörden und ihrer Stakeholder erfüllen, aber auch Chancen für Innovation, Risikominderung und nachhaltige Wertschöpfung nutzen.

Manutan hilft Ihnen gerne weiter

Sie haben Fragen, Wünsche oder Anregungen?

Der Manutan-Helpdesk steht Ihnen jederzeit mit zusätzlichen Informationen und maßgeschneiderten Ratschlägen zur Verfügung. Geben Sie einfach Ihre Daten ein und senden Sie uns Ihre Frage. Wir helfen Ihnen so schnell wie möglich. Ihr Manutan-Team

Name
Name der Firma
Kontakt
Whitepaper

Beschaffung und CSR-Politik

Whitepaper herunterladen

AUTOR

author image
Manutan DeutschlandVerfasst am 23. Oktober 2024

Haben Sie Fragen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren!

Kontaktinformationen

VERWANDTE BEITRÄGE