Durch die Sorgfaltspflicht sind Unternehmen gehalten, ihre soziale und ökologische Verantwortung wahrzunehmen und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um tatsächlichen und potenziellen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit vorzubeugen. Die Sorgfaltspflicht ist somit sowohl eine Verhaltensnorm als auch ein Risikomanagement-Prozess für Unternehmen. Ein Überblick über diesen Begriff und seine Bedeutung in der Wirtschaftslandschaft.
Was ist die Sorgfaltspflicht?
Die Sorgfaltspflicht ist eine Verpflichtung für Unternehmen, mit ihrer Geschäftstätigkeit, aber auch mit ihrer gesamten Wertschöpfungskette, d.h. ihren Partnern, Subunternehmern und Lieferanten, verbundene soziale, ökologische und die Unternehmensführung betreffende Risiken zu identifizieren, zu mindern und ihnen vorzubeugen.
Konkreter: Unternehmen müssen einen kontinuierlichen Prozess entwickeln, umsetzen und in den Betrieb integrieren, welcher der Vorbeugung gegen schwerwiegende Verletzungen der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der Gesundheit und Sicherheit von Personen oder der Umwelt dient. Dazu gehören die Evaluierung negativer Auswirkungen, ein proaktives Risikomanagement und ein Überwachungsmechanismus, der die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen gewährleistet.
Das Konzept der Sorgfaltspflicht beruht auf den Empfehlungen und Grundsätzen, die von den Vereinten Nationen, der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) und der ILO (Internationale Arbeitsorganisation) ausgearbeitet und auf internationaler Ebene vereinbart wurden. Diese Texte haben in einer Reihe von Bereichen den Grundstein für die internationale Anerkennung der Verantwortung von Unternehmen gelegt: etwa gegenüber den Gebieten, in denen sie tätig sind, den Menschen, auf die sie Auswirkungen haben, den Arbeitnehmern, die sie beschäftigen. Im Laufe der Zeit wurde diese Dynamik durch verschiedene rechtliche und normative Instrumente auf der ganzen Welt verstärkt.
Was besagt das Gesetz über die Sorgfaltspflicht?
Die Sorgfaltspflicht ist mittlerweile Gegenstand mehrerer geltender oder in Vorbereitung befindlicher Rechtsvorschriften auf der ganzen Welt. Man kann drei Hauptkategorien einschlägiger Gesetzesinitiativen unterscheiden.
Die Veröffentlichung von Informationen
Nach einigen Gesetzen müssen Unternehmen über ihre Bemühungen zur Bewältigung der mit ihrer Tätigkeit verbundenen Risiken berichten. Dazu gehören beispielsweise das kalifornische Gesetz über Transparenz in Lieferketten, das britische und das australische Gesetz über moderne Sklaverei sowie die EU-Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD).
Die produktspezifische Sorgfaltspflicht
Diese Gesetze verlangen von Unternehmen, ihre Sorgfaltspflicht in Bezug auf bestimmte Waren, Produkte oder Prozesse auszuüben und darüber Bericht zu erstatten. Dazu gehören der Dodd–Frank Act über Mineralien aus Konfliktgebieten sowie zwei EU-Verordnungen. Die erste dieser Verordnungen betrifft Importeure von Zinn, Tantal, Wolfram und Gold aus Konflikt- oder Hochrisikogebieten. Die zweite bezieht sich auf Produkte, die mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen.
Branchenübergreifende Gesetze zur Sorgfaltspflicht
Diese Gesetze beziehen sich auf das Verhalten von Unternehmen, einschließlich Beschaffung, Produktion und der gesamten Wertschöpfungskette. Dazu gehören insbesondere drei Gesetze – je eines in Frankreich, Norwegen und Deutschland – über die Sorgfaltspflicht für Unternehmen ab einer bestimmten Größe.
Kürzlich kam die Richtlinie der Europäischen Union über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (CSDDD) hinzu. Am 15. März 2024 bestätigten die Mitgliedstaaten des Europäischen Rates diesen Text mit dem Ziel, die Verantwortung von Unternehmen für die Einhaltung der Menschen- und Umweltrechte in ihrer gesamten Wertschöpfungskette auszubauen. Die CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) betrifft Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und einem Umsatz ab 450 Millionen Euro. Darunter fallen beinahe 5.300 Unternehmen.
Die Sorgfaltspflicht, mehr als nur eine Verpflichtung
Die Sorgfaltspflicht ist nicht nur eine gesetzliche Vorgabe, sondern auch aus wesentlichen Gründen von entscheidender Bedeutung, auch für den Fortbestand von Unternehmen.
Die Menschenrechte achten
Die Achtung der Menschenrechte gehört zu den universellen Grundsätzen, die für Unternehmen von zentraler Bedeutung sein müssen. Aufgrund der Sorgfaltspflicht können die Risiken von Menschenrechtsverletzungen durch die Tätigkeit von Unternehmen und in deren Lieferkette erkannt und Vorbeugemaßnahmen ergriffen werden.
Die Umwelt erhalten
Der Umweltschutz ist weltweit ein wichtiges Anliegen und reagiert auf die vielfältigen Herausforderungen von Klimawandel, Entwaldung, Umweltverschmutzung usw. Die Sorgfaltspflicht verpflichtet Unternehmen, die Umweltauswirkungen ihrer Tätigkeit zu bewerten und zu verringern und so einen nachhaltigeren Umgang mit den Naturressourcen und eine Reduzierung der Umweltbelastung zu fördern.
Risiken bewältigen
Unternehmen können mittels Verfahren zur Identifizierung und Bewertung potenzieller Risiken ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen und Präventiv- und Korrekturmaßnahmen ergreifen, die diese Risiken minimieren. So kann nicht nur Schäden und Nachteilen für Stakeholder vorgebeugt werden, sondern auch nachteiligen Auswirkungen auf Ruf, finanzielle Leistung und Fortbestand des Unternehmens.
Guten Ruf festigen
In einer Situation, in der die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen (CSR) immer höheren Ansprüchen genügen muss, kann das Wahrnehmen der Sorgfaltspflicht einen echten Wettbewerbsvorteil darstellen. Unternehmen, die ihr Engagement unter Beweis stellen, können ihren guten Ruf festigen, das Vertrauen von Verbrauchern und Investoren gewinnen und so ihre Marktposition verbessern.
Compliance schaffen
Die Verletzung der Sorgfaltspflicht kann für Unternehmen zu gesetzlichen Sanktionen und weitreichenden rechtlichen Konsequenzen führen. Compliance ist ein wichtiger Schritt zur Vermeidung von Rechtsrisiken, Geldstrafen und für das Unternehmen schädlichen Rechtsstreiten.
Sie sehen: Die Sorgfaltspflicht zielt darauf ab, Unternehmen für die Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf Menschenrechte und Umwelt in die Verantwortung zu nehmen. Angesichts der zunehmenden Vorschriften in diesem Bereich müssen die Unternehmen nun ihre internen Praktiken und Prozesse anpassen, um dieser Pflicht nachzukommen. Die Einhaltung der Sorgfaltspflicht kann für Unternehmen zwar eine Herausforderung darstellen, bietet aber auch die Chance, auf lange Sicht ihren Ruf, ihre Glaubwürdigkeit und ihre Leistung zu stärken.