Um sich von der Konkurrenz abzuheben, bemühen sich Organisationen, ihre Umweltauswirkungen zu verringern und gleichzeitig ihre wirtschaftliche Leistung zu steigern. Dazu bedarf es insbesondere des Zugangs zu verlässlichen und transparenten Daten, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. Vor diesem Hintergrund ist die Lebenszyklusanalyse (LCA) ein wichtiges Instrument zur Bewertung der Umweltauswirkungen von Produkten und Dienstleistungen während ihres gesamten Lebenszyklus. Viele Unternehmen haben bereits erkannt, wie wichtig es ist, die Umweltauswirkungen der Produkte und/oder Dienstleistungen zu kennen, die sie anbieten bzw. einkaufen.
Was ist eine Lebenszyklusanalyse (LCA)?
Die Lebenszyklusanalyse ist eine Bewertungsmethode, mit der die Umweltauswirkungen eines Produkts, einer Dienstleistung oder eines Prozesses unter Berücksichtigung aller Phasen des Lebenszyklus quantifiziert werden sollen. Dadurch erhält jedes Unternehmen einen umfassenden Überblick, der weit über den CO2-Fußabdruck hinausgeht.
Dr. Rukayya Ibrahim Muazu, LCA-Expertin am Grantham Centre for Sustainable Futures, fügt hinzu: „Die LCA ist das anerkannteste Instrument zur Bewertung der potenziellen Umweltauswirkungen von Produkten oder Prozessen. Eine der Stärken der LCA ist ihre Fähigkeit, eine Vielzahl von Produkten und Prozessen zu berücksichtigen. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass sie flexibel ist und bereits vor der Herstellung des Produkts durchgeführt werden kann. Es kann aber sein, dass bestimmte Aspekte des Prozesses erst nach dem Produktionsstart zutage treten. Dann kann es notwendig sein, die LCA im Laufe des Prozesses zu aktualisieren, was durchaus möglich ist.“
Die Lebenszyklusanalyse (LCA) hat sich daher als Referenzmethode für die Bewertung von Umweltauswirkungen durchgesetzt, da sie einen „Lebenszyklus-Ansatz" mit einem „multikriteriellen Ansatz“ kombiniert. Außerdem ist sie mittlerweile weltweit standardisiert, und zwar durch die internationalen Normen ISO 14040 und 14044 zum Umweltmanagement.
Der „Lebenszyklus“-Ansatz
Zunächst einmal bedeutet die Durchführung einer Lebenszyklusanalyse, dass eine Bestandsaufnahme aller mit einer Aktivität verbundenen Material- und Energieströme vorgenommen wird, wobei alle Phasen des Lebenszyklus unter die Lupe genommen werden.
Dazu gehören insbesondere drei wichtige Schritte:
Die Entstehung oder Erstellung eines Produkts: die Gewinnung, Verarbeitung und Beschaffung von Rohstoffen, dann die Herstellung, Montage und Verpackung, der Vertrieb und die Vermarktung des Produkts
Das Leben eines Produkts: Transport, Auspacken, Nutzung, Instandhaltung usw.
Das Lebensende eines Produkts: Sammlung, Transport, Recycling, Abfallbehandlung usw.
Der „multikriterielle“ Ansatz
Bei der LCA geht es auch darum, alle ein- und ausgehenden Ströme zu analysieren. Dazu gehört alles, was in den Herstellungsprozess einfließt, aber auch sämtliche Auswirkungen verschiedenster Art dieses Prozesses. Auf der Seite der eingehenden Ströme stehen die Ressourcen Wasser, Energie oder Rohstoffe. Bei den ausgehenden Strömen geht es um Treibhausgasemissionen, Flüssigabfälle usw.
Ziel ist es, diese zu berechnen und sie anschließend mit Indikatoren für Umweltauswirkungen (Klimawandel, Versauerung, Eutrophierung, Erschöpfung natürlicher Ressourcen usw.) zu verknüpfen.
Die verschiedenen Phasen der Lebenszyklusanalyse
Die Methodik der LCA ist in vier Phasen gegliedert, von der Festlegung des Untersuchungsrahmens bis hin zur Interpretation der Ergebnisse.
1. Definition des Ziels und des Umfangs der Untersuchung
Dieser erste Schritt beinhaltet die Definition des Zwecks, des Ziels, der Funktionseinheit sowie der Grenzen des zu analysierenden Systems.
Die Funktionseinheit bezeichnet die Maßeinheit, die zur Bewertung der Leistung des Produkts im Rahmen der Untersuchung herangezogen wird. Beispielsweise Watt für eine Glühbirne.
2. Lebenszyklusinventar
Danach geht es an die Datenerhebung. Es geht darum, alle eingehenden und ausgehenden Ströme über alle Phasen des Lebenszyklus hinweg zu quantifizieren. Diese Daten werden in Beziehung zur zuvor festgelegten Funktionseinheit gesetzt.
3. Bewertung der Auswirkungen
Die gesammelten Daten werden dann in potenzielle Umweltauswirkungen umgewandelt, meist mithilfe von Software. Es werden zwei Kategorien von Auswirkungen erfasst: Midpoints und Endpoints, die sich in der Mitte bzw. am Ende der Kausalitätskette befinden.
4. Die Auswertung der Ergebnisse
Dieser letzte Schritt besteht darin, zu bestätigen, dass die erzielten Ergebnisse den ursprünglich festgelegten Zielen entsprechen. Dadurch können in der Regel Verbesserungsmöglichkeiten identifiziert und Entscheidungen zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung getroffen werden.
LCA: Wie kann man sie im Unternehmen anwenden?
Die Lebenszyklusanalyse ist ein großartiges Instrument zur Entscheidungsfindung und Strategieentwicklung. Unternehmen nutzen sie vor allem im Rahmen eines Ökodesign-Ansatzes. Dies ermöglicht es ihnen, ökologische Fragestellungen systematisch in die Entwicklung ihrer Tätigkeit einzubeziehen. Das Ziel: Die negativen Auswirkungen auf die Umwelt so weit wie möglich zu reduzieren, bei gleichwertigem oder sogar höherem Leistungsangebot. Die Herausforderung besteht darin, ein Gleichgewicht zwischen den technischen, wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Anforderungen zu erreichen.
Nachdem Unternehmen die Umweltleistung ihrer Produkte und/oder Dienstleistungen verbessert haben, wollen sie diese Ergebnisse ihren Kunden natürlich auch mitteilen. Schließlich ist es wichtig, deren ökologischen und technischen Mehrwert auf dem Markt herauszustellen. Einige Akteure gehen sogar so weit, dass sie auf der Grundlage dieser Methodik ihren eigenen Öko-Score erstellen.
Jedes Unternehmen ist so in der Lage, die Umweltprobleme rund um seine Aktivitäten zu identifizieren, einen aussagekräftigen Vergleich zwischen Produkten anzustellen und sich schließlich um eine Kommunikation mit klaren Argumenten zu bemühen. Die LCA stellt somit ein großartiges Mittel dar, um künftige Vorschriften zu antizipieren, seine Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und den Umsatz zu steigern.
Lebenszyklusanalyse im Dienste des Einkaufs
Für die Einkaufsfunktion ist die LCA ein wichtiger Hebel, um die Auswahl von Produkten mit geringeren Umweltauswirkungen zu fördern und so ihre verantwortungsvolle Beschaffungspolitik zu stärken. Dabei stehen ihnen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung.
Anpassung des Lieferanten-Sourcings
Zunächst können die Einkaufsabteilungen von ihren Lieferanten verlangen, Informationen über den ökologischen Fußabdruck ihrer Produkte und/oder Dienstleistungen mitzuteilen. Dies kann übrigens auch in die Vertragsklauseln aufgenommen werden. Mithilfe der LCA können die Einkäufer dann ihre Lieferanten, aber vor allem die Produkte und Dienstleistungen, die sie bei ihnen kaufen, anhand von Umweltkriterien vergleichen.
Optimierung der Produktauswahl
Anschließend können die Einkaufsabteilungen mit diesen Lieferanten zusammenarbeiten, um ihre Produktauswahl zu optimieren. Dies bedeutet, dass sie ihren Produktverbrauch analysieren und dann einen Teil dieser Produkte durch Artikel mit geringeren Umweltauswirkungen und gleichwertigen Funktionen ersetzen.
Sensibilisierung der internen Stakeholder
Schließlich ist es wichtig, die internen Kunden für die nachhaltige Beschaffungspolitik zu sensibilisieren, insbesondere wenn es sich um indirekte Einkäufe handelt. In dieser Hinsicht kann es interessant sein, die Umweltleistung der Produkte in elektronischen Katalogen hervorzuheben (Punch-out-Kataloge).
Ganz gleich, ob es sich um vertragliche Hinweise, Optimierungsvorhaben oder interne Kommunikation handelt, all dies sind Hebel, um den Verbrauch auf ein umweltfreundlicheres Angebot zu lenken, wobei man sich auf die LCA stützt.
Sie sehen also: Die LCA bietet Unternehmen einen systemischen und ganzheitlichen Ansatz zur Bewertung der Umweltleistung ihrer Produkte und Dienstleistungen. Wenn die Unternehmen dieses grundlegende Konzept beherrschen, sind sie in der Lage, den ökologischen Fußabdruck ihrer Einkaufsstrategie im Dienste der nachhaltigen Entwicklung zu verringern.